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[Datenschleuder] [51]    Telefax von RA Gravenreuth an Dr. Samer (Telekom Anwalt)
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Telefax von RA Gravenreuth an Dr. Samer (Telekom Anwalt)

Sehr geehrter Herr Kollege Dr, Samer ......

........ Unabhängig von der Sach- und Rechtslage ist meine Mandantschaft wirtschaftlich nicht in der Lage einen möglicherweise über drei Instanzen gehenden Rechtsstreit zu führen. Es wird daher ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht jedoch rechtsverbindlich folgende Erklärung abgegeben:
Der Chaos Computer Club e.V. Hamburg, Schwenckestr. 85, 20255 Hamburg, vertr. durch den Vorstand, verpflichtet sich gegenüber der Deutschen Telekom AG, GodesbergerAllee 8791, 5 3175 Bonn bei Meidung einer Vertragsstrafe, die im Falle der Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungverpflichtung durch die Deutsche Telekom AG zu bestimmen und im Streitfall durch das Amts- oder Landgericht Hamburg festzusetzen ist, unter Ausschluß der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr T-Shirts mit der Aufschrift BETRUG und/oder NULL-TARIF und/oder TEUER und/oder KAPUTT herzustellen, anzubieten, zu vertreiben und/oder hierfür zu werben, wenn bei diesen Aufschriften das nachfolgend abgebildete "Telekom - T" verwendet wird: insbesondere, wenn das "T" in Magenta und die quadratischen Punkte in grau gehalten sind. In der Sache selbst ist anzumerken: Die Deutsche Telekom AG geht offensichtlich selbst davon aus, daß keine eingetragene Marke existiert. Sie geht daher wohl davon aus, daß die von Ihnen als "Telekom - T" bezeichneten Logograrmme innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat (Par. 4 11 MarkenG). Die Deutsche Telekom AG wurde bekanntlich erst Anfang des Jahres geschäftlich aktiv. An anderer Stelle betont sie hartnäckig, daß sie ein Wirtschaftsunternehmen sei und mit der Behörde "Deutsche Bundespost"nichts gemein hätte. Insoweit kann sie sich auch nicht auf einen Bekanntheitsgrad, welchen möglicherweise die Deutsche Bundespost für dieses Logo erworben hat, berufen┤. Die Deutsche Telekom AG möge einmal dartun, wieso innerhalb von 1/4 Jahr eine eigene Verkehrsgeltung erreicht wurde.
Unsere Mandantschaft ist ein Idealverein, so daß insoweit bereits Bedenken bestehen, ob sie "im geschäftlichen Verkehr" tätig ist. Darüber hinaus darf ich zu bedenken geben, daß selbst dann, wenn Ihre Mandantschaft im Bereich der Telekommunikation eine Verkehrsgeltung erworben haben sollte, diese nicht unbedingt für den Textilbereich gilt. Zwischen Tätigkeiten im Telekommunikationsbereich und Textilien besteht keine Warengleichartigkeit. Selbst wenn in einer Branche eine starke Verkehrsgeltung besteht, so bedeutet dies nicht zwingend, daß ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich branchenfremder Produkte besteht (BGH GRUR 1991, 465 "Salomon"). Entscheidend ist es, ob eine Rufübertragung im Bereich der Telekommunikation auf den Bereich der Textilien erfolgen könnte. Dies ist nach unserer Ansicht nicht gegeben. Die von Ihnen angesprochen Entscheidungen "Markenverunglimpfung" sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Sowohl die Mars- als auch die Niveaentscheidung betrafen mehr oder weniger geschmackvolle Sprüche ohne eigene inhaltlich qualifizierte Aussage. Es besteht wohl Einigkeit darüber, daß die Deutsche Telekom AG die Worte BETRUG NULLTARIF TEUER KAPUTT für sich nicht monopolisieren kann. Das in dem fraglichen Logo verwendete "T" ist eine gängige Darstellung dieses Buchstaben im grafischen Gewerbe. Dieser Buchstabe wird in dieser Form ebenfalls beispielsweise von der Lebensmittelkette "Tengelmann" verwendet. Auch ist mir bekannt, daß in München das fragliche "T" in Alleinstellung ebenfalls in roter Farbe verwendet wird. Die Deutsche Telekom AG kann daher auch nicht einzelne Buchstaben einer gängigen Schriftart monopolisieren . Die Gamierung des "T" durch einzelne Punkte mögen die Beamten der Telekom als besonders fantasiereich angesehen haben, diesseitig bestehen jedoch Zweifel daran, ob hierin eine wettbewerbsrechtliche Eigenart besteht. Darüberhinaus müßten die beteiligten Verkehrskreise in einem zweiten Schritt die fraglichen Wörter in Verbindung mit dem "T" zu einer sinngemäßen Zuordnung zu ihrer Mandantschaft verbinden, um dann in einem 3. Schritt inhaltliche Aussagen hierin zu erkennen. Selbst wenn man zugunsten Ihrer Mandantschaft davon ausgeht, daß die beteiligten Verkehrskreise diese drei Schritte vollziehen, so ist im einzelnen immer noch folgendes zu bedenken. Aussagen wie: "Die Deutsche Telekom AG ist zu teuer" sind jedoch von dem Recht auf freie Meineungsäußerung gedeckt. Die Verwendung des fraglichen Logos würde, wenn man Ihrer dreistufigen Überlegung folgt, insoweit nur eine aus Verkürzungsgründen gebotene Komprimierung der vorgenannten Aussage darstellen. Für die Einzellogo ist ... anzumerken: "TEUER": Es kann wohl nicht in Abrede gestellt werden, daß die Deutsche Telekom AG im internationalen Preisvergleich extrem teuer ist. Ein Telefongespräch von Deutschland in die USA ist z.B. um ca. 30% teurer als umgekehrt. Somit liegt eineTatsachenbehauptung vor. "KAPUTT": Allein deswegen, weil aus einer kopflastigen, strukturell veralteten und im internationalen Vergleich unflexiblen Behörde drei Aktiengesellschaften gemacht werden, entstehen noch keine wirschaftlich gesunden Unternehmen. Die sogenannte"Postreform" hat lediglich eine Privatisierung zur Folge gehabt, nicht jedoch eine wirtschaftlich erforderliche grundlegende Strukturveränderung. Die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt kann man nicht dadurch erzielen, daß man im internationalen Vergleich überhöhte Preise verlangt, etwas Personal entläßt und im Bereich des Postdienstes in ländlichen Gebieten "Tante Emma Läden" einbezieht, wenn gleichzeitig die grundlegenden behördenmäßigen Strukturen noch beibehalten werden. Man braucht in soweit nur beispielhaft die COMPUTERZEITUNG und die COMPUTERWOCHE der letzten Woche zu lesen. Laut COMPUTERWOCHE (7.4.95, S.5) übt die DeutscheTelekom AG bereits Kritik an dem düiftigen Liberalisierungskurs der Bundesregierung. Man möchte offensichtlich weiter im alten Behörden-Trott arbeiten. Die COMPUTERZEITUNG (6.4.95) hat den Streit um den Vorstandsvorsitzenden der Telekom AG (einschl. des Versuchs der Einflußnahme durch den Bundeskanzler und Graf Lambsdorff) mit der Titelseitenüberschrift "Keine Chance für die Telekom-Quotenfrau" beschrieben. Diese Beispielkette läßt sich beliebig verlängern. Eine "Behörden-AG", die weiterhin am Steuersäckel hängt, ist kein gesundes Wirtschaftsunternehmen, d.h. sie ist wirtschatlich "kaputt". In soweit ist auch diese Aussage ... von der freien Meinungsäußerung gedeckt. "NULL-TARIF": Diese Forderung wird sogar von einem Geschäftspartner Ihrer Mandantschaft, der Firma Intel aufgestellt. Die Forderung nach Nulltarif auf allen Telekommunikationswegen vertritt unter anderem auch der Gründer der Intel Cooperation Andy Groves (free mips and free bauds") z.B. in "Datennetze und Multimedia bestimmen die Comdex Trends" (VDI-Nachrichten vorn 25.11.94). In privaten Telekommunikationsnetzen in den USA und UK gibt es beispielsweise die Möglichkeit unter gewissen Voraussetzungen kostenlose Ortsgespräche zu führen. ... "BETRUG": Ihre Mandantschaft müßte am besten wissen, in welchem Umfang ihre Mitarbeiter Telefonrechnungen zu lasten Dritter produziert haben. Wenn vor ca. einem Jahr aus dem Vorstand Ihrer Mandantschaft noch zu hören war, daß entsprechende Manipulationen technisch nicht möglich sind, bzw. wenn sie doch technisch möglich wären, Telekom-Mitarbeiter so etwas nicht tun würden, so war es zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Verschließen der Augen vor der Realität. Es liegt ein Organisationsverschulden vor, wenn es beispielsweise möglich ist daß ein Leiter einer Störungsstelle der Deutschen Telekom AG über seinen privaten Keller einen "offiziell nicht bekannten Zugang" zu einer Telekom-Verteilerzentrale hatte und hierüber "Free-Lines" schalten konnte. Bereits dies würde die Meinungsäußerung des Betruges am Steuerzahler rechtfertigen. Darüber hinaus sei in Erinnerung gerufen, daß in Rechtsstreitigkeiten über überhöhte Gebührenrechnungen die Telekom eigene Aufzeichnungen bekanntermaßen zurückgehalten hat und die volle Beweislast dafür, daß die in Rechnung gestellten Telefoneinheiten nicht vom Beklagten verursacht wurden, auf den Beklagten abwälzte. Auch dies rechtfertigt eineWertung "BETRUG" ...... Der Verkauf der beanstandeten TShirts hat nach unseren Informationen noch nicht eingesetzt, so daß in soweit Ihrer Mandantschaft auch kein Schaden entstanden ist. Bisher liegt nach unseren Informationen nur die Werbeanzeige des CCC-Berlin vor. In wieweit der Versuch Ihrer Mandantschaft, das grundgesetzlich garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung zu beschneiden den eigenen Ruf schädigt, entzieht sich unserer Kenntnis. Die Zahlung der Abmahnkosten wird abgelehnt, da keine Markenverletzung vorliegt. Im übrigen ist der angesetzte Gegenstandswert weit überhöht. Die Öffentlichkeit wird zumindest mit großem Interesse einen möglichen Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hamburg hinsichtlich der Abmahnkosten verfolgen. Bezüglich Rücksprachen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen, kollegialen Grüßen G FvG

 

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